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Wirtschaftliche Lage der Bauernbetriebe: Schere geht auf
Medienevent SBV 30. August 2023

Der Bundesrat hat den Voranschlag 2024 veröffentlicht. Er zielt mit seinen vorgesehenen Sparmassnahmen auch auf die Landwirtschaft. Mit einer übergrossen Schere zeigten der Schweizer Bauernverband (SBV), der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) sowie die Junglandwirtekommission (JULA) heute in Bern, warum sie die Sparpläne des Bundesrats entschieden ablehnen.

Anne Challandes zeigt in ihrem Referat auf:

Unsozial und im Widerspruch mit dem Gesetz

Das Einkommen der Bauernfamilien aus der landwirtschaftlichen Produktion ist nach wie vor zu tief. So liegt im Berggebiet der durchschnittliche Arbeitsverdienst je Familienarbeitskraft bei lediglich 43`000.- CHF pro Jahr. Über 80% der Betriebe haben ein tieferes Einkommen, als es der Vergleichslohn vorgibt. Im Hügel- und Talgebiet ist die Situation zwar etwas besser, aber noch lange nicht zufriedenstellend. Im Hügelgebiet sind es nur gut 25%, die ein vergleichbares Einkommen erwirtschaften und im Talgebiet liegt der Anteil bei rund 46%, auch hier bleibt eine deutliche Lücke.

Dabei haben wir mit Artikel 5 im LwG sogar eine Gesetzesgrundlage, die vorsieht, – ich zitiere – dass es «nachhaltig wirtschaftenden und ökonomisch leistungsfähigen Betrieben, […] möglich sein muss, ein Einkommen zu erzielen, das mit jener der übrigen erwerbstätigen Bevölkerung in der Region vergleichbar ist.». Andernfalls muss der Bundesrat Massnahmen ergreifen!“ Dass er nun Sparmassnahmen im Agrarbudget und insbesondere bei den Direktzahlungen plant, ist absolut unverständlich. Ich erinnere daran, dass Direktzahlungen an klare Leistungen gekoppelt sind. Nur wer diese Leistungen ordnungsgemäss umsetzt, was regelmässig kontrolliert wird, erhält die entsprechenden Zahlungen.   Die geplante Kürzung steht also nicht nur im Widerspruch mit dem Gesetz und dem Auftrag des Bundesrats, sondern ist auch eine Verletzung von Treu und Glauben. Das ist für die Bauernfamilien nicht akzeptabel!

Die geplante Mittelkürzung verschlechtert die wirtschaftliche Situation eines Betriebs. Das hat direkte negative Auswirkungen auf die soziale Situation und das psychische Wohlbefinden der Bauernfamilie und allfällige Angestellte. Wer selbst nur ein tiefes Einkommen erwirtschaftet, kann auch seine Angestellten nicht angemessen bezahlen. Unabhängig davon, ob es sich dabei um familieneigene oder familienfremde Angestellte handelt. Dass darunter auch die soziale Absicherung speziell der Bäuerinnen leidet, ist selbsterklärend.

Trotz neuen arbeitserleichternden Technologien und Hilfsmittel bleibt die Arbeit in der Landwirtschaft streng. Auf den kleinstrukturierten Familienbetrieben fehlen oft die Arbeitskräfte, um sich gegenseitig für ein freies Wochenende oder eine Woche Ferien abzulösen. Sich dafür Aushilfen zu leisten, liegt finanziell oft nicht drin. Dabei sind das meist nicht die einzigen Sorgen. Reicht es noch die Ernte vor der nächsten Schlechtwetterperiode einzufahren? Kommt der gemeldete Hagelzug? Regnet es nächstens wieder einmal oder verdorrt alles?

Eine Woche mit weit mehr als 50 Arbeitsstunden ist für 2/3 der LandwirtInnen Normalität. Im Schnitt liegt die Anzahl Ferientage pro Jahr bei den Bauernfamilien bei rund neun Tagen, ein Viertel aller Bauernfamilien macht nie Ferien.

Die Landwirtinnen und Landwirte sind sich den vielen Herausforderungen ihres Berufs bewusst. Aber im Minimum sollten sie sich auf die ihnen versprochenen Entschädigungen verlassen können. Erst recht, da sie nicht dafür verantwortlich sind, dass es überhaupt Sparmassnahmen braucht. Eine langfristig nachhaltige Produktion lässt bei den wirtschaftlichen und sozialen Faktoren keine Abstriche zu. Deshalb ist eine Kürzung des Agrarbudget nicht angebracht.